Hast du dir schon mal überlegt, dass es zu allem einen "Gegenpol" gibt? In einer Welt der Polaritäten sind wir ständig damit konfrontiert und damit beschäftigt, die Balance zu halten. Meistens jedoch völlig unbewusst.
Wo Licht ist, gibt´s auch Schatten, auf Regen folgt Sonnenschein, es gibt nichts Schlechtes, wo nicht auch etwas Gutes ist und so ist es auch mit unseren Gefühlen. Der Gegenpol zur Scham ist z.B. Stolz und irgendwo in der Mitte, zwischen diesen beiden Extremen, verbringen wir den Alltag.
In meinem letzten Beitrag habe ich schon mal über das Gefühl der Ohnmacht geschrieben, mit dem Fokus darauf, wie man es schaffen kann, mental oben auf zu bleiben. Einer meiner Tipps in diesem Beitrag war, Selbstbestimmung zurück zu gewinnen.
Da es sich ja bei der Ohnmacht so anfühlt, als hättest du keinerlei Einfluss auf das, was gerade passiert, ist, im Sinne der Polarität, eben das Erfahren von Selbstwirksamkeit der Gegenpol. Das ist sozusagen das andere "Extrem" zur Ohnmacht.
Selbstwirksamkeit bedeutet, dass das, was ich tue, irgendetwas bewirkt. In vielen Situationen meines eigenen Lebens habe ich bemerkt, dass das Aussprechen dessen, was gerade da ist an Gedanken, Gefühlen, Wahrnehmungen, bereits eine Aktion ist, die wiederum etwas bewirken kann. In der Interaktion mit anderen Menschen kommt meistens eine Reaktion vom anderen. Und außerdem gewinne ich Zeit - um weiter nachzudenken, abzuwägen, was auch immer.
Sag was ist.
Beispiele: "ich weiß jetzt gerade nicht weiter" oder einfach "das gefällt mir nicht.".
Es ist der erste Schritt zur Anerkennung dessen, was ist. Wenn wir anerkennen, dass wir uns ohnmächtig fühlen, statt dagegen anzukämpfen, werden Ressourcen frei, die uns nach vorne bringen, statt uns weiter im Festhalten alter Strategien verharren zu lassen.
Im nächsten Schritt unternimm etwas, auch auch wenn es nur eine Winzigkeit ist, die dir das Gefühl zurückbringt, Einfluss zu nehmen auf den weiteren Verlauf ODER zumindest Einfluss auf deinen Gefühlszustand.
Beispiel:
Als meine Freundin schwerkrank und hunderte Kilometer weit entfernt von mir, verzweifelt im Krankenhaus lag, fühlte ich mich der Situation total ausgeliefert. Ich konnte ihr nicht helfen, weil ich keine Ärztin bin, ich konnte sie nicht einmal besuchen, um ihr die Hand zu halten. Am Telefon konnte ich sie nicht trösten, weil ihr das Sprechen so schwer fiel. Also bin ich zu Hause fast verrückt geworden. Ich bin im Kreis gelaufen und wusste nicht ein, noch aus. Aber ich bin gelaufen, hin und her. Und ich habe mich in meiner innen und äußeren Unrast beobachtet. Ich habe geweint und versucht das Wort zu finden für das, was sich in mir abspielte. Und als ich es gefunden hatte, habe ich geschluchzt "ich fühle mich so unendlich ohnmächtig". Damit war es raus. Und plötzlich hatte ich die Idee, ihr ein "Care-Paket" zu schicken, mit lauter Dingen, die sie mag und die ihr gut tun. Ich habe einen Brief dazu verfasst, mit lieben, aufmunternden Worten und war glücklich, als ich es zur Post brachte. Natürlich wusste ich, dass sie davon nicht gesund wird, sie hat sich trotzdem gefreut weil ihr die Zuwendung gut getan hat. So wie jedem Menschen Aufmerksamkeit und liebevolle Hinwendung gut tut. Und es geht ja auch darum, einen Weg zu finden, SELBST mit dieser Situation umzugehen. Sich selbst und seine Gefühle zu managen. Mir hat diese Aktion möglicherweise noch mehr geholfen als ihr. Ich hatte endlich etwas, das ich TUN konnte.
Du hast schon gewonnen, wenn es dir gelingt, einen neuen Gedanken zu finden. Das kann ein Gedanke oder eine Idee sein, wie z.B. "beim nächste Mal mache ich das so...", oder einen Plan zu fassen "jetzt rufe ich xy an und rede darüber". Jede noch so kleine Aktion bringt eine GEFÜHLTE Veränderung und holt dich aus dem Extrem raus.
Denk daran, auch in einen total finsteren Raum, kann eine winzig kleine Flamme Licht bringen. Dadurch kannst du ein bisschen mehr sehen und den nächsten Schritt machen und dann noch einen. Das ist der Weg zurück in die Selbstwirksamkeit.
Linda Syllaba
Autorin & Lifecoach
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