Ist Gleichwürdigkeit in der Pandemie passé? Seine Integrität zu wahren nicht mehr erlaubt? Wie authentisch darf man sich in Zeiten wie diesen noch zeigen, ohne die Aggression anderer auf sich zu ziehen oder sich gar "strafbar" zu machen? Und wie konnte es soweit kommen, dass wir einander die Eigenverantwortlichkeit absprechen? Ich glaube, Jesper Juul würde sich im Grab umdrehen, müsste er die gesellschaftliche Spaltung mitverfolgen....
Seit 12 Jahren stecke ich als Schülerin Jesper Juuls und als familylab-Elternberaterin mein Herzblut in die Verbreitung eines Gedankenguts, das unsere gesamte Gesellschaft zum Positiven verändern kann und soll. MEIN Leben hat die Auseinandersetzung mit den Werten: Gleichwürdigkeit, Integrität, Authentizität und (Eigen-)Verantwortung definitiv verbessert. Darum habe ich mich auf den Weg gemacht, anderer Menschen Bewusstsein dafür zu erweitern und die Welt mit ihnen gemeinsam jeden Tag ein bisschen mehr zu verschönern.
Ich bin aus tiefstem Herzen davon überzeugt, das es richtig und wichtig ist, bei der Begleitung unserer Kinder anzusetzen, um gesamtgesellschaftlich Einfluss zu nehmen auf deren und auch unsere eigene Zukunft. Kinder, die lernen, anderen Menschen mit Respekt, Toleranz und Empathie zu begegnen, die in der Lage sind, Perspektivwechsel einzunehmen und gesunde Beziehungen zu führen, die mit sich selbst und anderen achtsam umgehen und Verantwortung übernehmen, sollen die Welt von morgen besiedeln.
Für diese Vision bin ich persönlich oft über meine Grenzen gegangen, so wie Jesper auch.
Die gesellschaftspolitische Entwicklung der letzten Zeit, im Zuge der Pandemie, hat nun Dimensionen angenommen, die mich ernsthaft ins Zweifeln bringen, ob meine Arbeit, meine Mission vollkommen sinnlos war, ob mein weiteres Engagement überhaupt noch gefragt ist, ob es überhaupt etwas bewirkt.
Ich habe Tage tiefer Verzweiflung hinter mir, bin so unendlich entsetzt:
Menschen schließen einander vom sozialen Leben aus, sie werten einander ab für ihre persönlichen Entscheidungen, es wird so grauslich geschimpft, ja richtig getobt, was mit jenen zu tun sei, die sich gegen das "verweigern", was selbst für den einzig "richtigen Weg" gehalten wird. Sogar den Tod wünscht man den anderen. Keine Seite ist wirklich besser als die andere darin. Mir wird nur noch schlecht. Allein, dass es diese zwei Seiten, diese Fronten gibt, ist schrecklich!
Es ist erschütternd, was Kindern hier vorgelebt wird: es sei völlig anerkannt und normal, eine Gruppe von Menschen zu diskriminieren und auszuschließen! Im Zuge dessen werden Begriffe verwendet, die mehr als fragwürdig sind. So tief stecke ich auch wieder nicht in meiner Bubble, das bekomme ich leider viel zu deutlich mit.
Ist es das neue "Normal", andere zu verachten, schuldig zu sprechen und zu beschimpfen? Dann ist es austauschbar, worum es inhaltlich geht und gegen wen der Hass sich richtet.
In meiner Arbeit unterscheide ich immer zwischen Inhalt und Prozess einer Diskussion und es ist mir wichtig, hier keinesfalls inhaltliche Statements abzugeben, was die gesundheitlichen Aspekte der Impfung betrifft. Allerdings wirkt sich das, was auf der Prozess-Ebene dazu abläuft, schon eine ganze Weile ebenso ungesund auf die Psyche aus. Meine und eure Psyche, die der Kinder und der Erwachsenen.
Das WIE diskutiert wird, WIE miteinander umgegangen, WIE übereinander gedacht und geredet wird, ist so konträr zu allem, wofür ich persönlich und in meiner Arbeit stehe, dass es mir die Sprache verschlagen hat.
Wir hängen uns so sehr am Inhalt auf, dass der Prozess alle Mittel erlaubt??? So nach dem Motto: "und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt!"???
Gottseidank gibt es noch ein paar Leute um mich herum, denen es ähnlich ergeht wie mir. Sie haben mich ermutigt, meine Sprache wiederzufinden und sogar meine Stimme zu erheben.
Ich will mich weiterhin für die Verbindung zwischen uns Menschen einsetzen. Für das Miteinander statt die Spaltung unserer Gesellschaft zuzulasssen.
Man kann niemanden zu Toleranz zwingen und sollte andererseits auch nicht mit Gewalt Integritätsverletzungen erpressen. Weder das eine noch das andere darf in einer Demokratie passieren. Gleichwürdigkeit entspricht dem 1. Artikel der Menschenrechtsgesetze. Ebenso die Wahrung der persönlichen, körperlichen und geistigen Integrität ist ein Menschenrecht. Für Erwachsene und Kinder!
Lasst uns gemeinsam unsere Werte hochhalten und andere Lösungen für die Bewältigung der Situation finden, als uns gegenseitig fertig zu machen.
Am Ende wollen wir doch alle das selbe.
Wenn nicht für uns selbst, dann lasst es uns für unsere Kinder tun.
Wir sind Ihre Vorbilder. Was willst Du ihnen vorleben?
Linda Syllaba
Www.beziehungshaus.at
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